Plagiat! Eine kurze Abhandlung zum Thema

Vergangene Woche wurde die Self-Publisher-Szene von einem Skandal erschüttert – zumindest wurde dies in den Foren und einschlägigen Blogs so kolportiert. Eine sehr erfolgreiche SP-Autorin, Genre Chick-Lit, hat anscheinend fleißig Copy&Paste anstelle von Selbermachen betrieben.
Abgesehen davon, dass ich mich als Autorin frage, warum sich jemand die Mühe macht, Banalitäten abzuschreiben, wenn selbst schreiben erheblich einfacher ist, scheint es mir in diesem Zusammenhang ganz angebracht, Folgendes aufzuschlüsseln:
Was genau ist ein Plagiat? Was ist erlaubt? Und wo ist der Unterschied zwischen einer Zitation und dem Diebstahl geistigen Eigentums? Dankenswerterweise hat sich Wolma Krefting, die sich von Berufs wegen mit der Thematik beschäftigt, bereit erklärt, folgende Zusammenfassung zu schreiben:

Plagiate – oder: Was ist erlaubt und was nicht? 


Spätestens seit dem „Fall Guttenberg“ ist das Thema Plagiarismus in aller Munde. Das Übernehmen fremder Inhalte und Geistesleistungen und das Veröffentlichen unter eigenem Namen gibt es schon seit Jahrhunderten, sei es in der Wissenschaft, der Literatur oder der Musik. Diese Vorgehensweise war früher gang und gäbe und moralische Bedenken gab es kaum. Erst recht keine juristischen. Als einer der bekanntesten Plagiateure gilt Shakespeare.
Erst seit ca. 1900 gibt es national und international Bestrebungen und Bestimmungen, die versuchen, den Umgang mit „fremden Federn“ auch in rechtlicher Hinsicht zu regeln.

Das, was man gemeinhin als „geistigen Diebstahl“ bezeichnet, ist ein sehr komplexes Thema und genaue, eindeutige Abgrenzungen sind schwierig. Ich kann deshalb nur einen ganz groben Überblick geben und berücksichtige dabei vor allem die deutsche Gesetzgebung.

Was ist ein Plagiat?
Zunächst einmal ist der Begriff „Plagiat“ keine juristische Definition. In Rechtssprache und Rechtsprechung wird dieses Vorgehen als „Verletzung des Urheberrechts“ bezeichnet. Unterschiedliche Rechtsauffassungen tragen dazu bei, dass es eine exakte und präzise Umschreibung nicht gibt. So können Plagiate gegen ein Gesetz verstoßen, müssen es aber nicht. Ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt, kann deshalb immer nur am Einzelfall festgemacht werden.
Dennoch existieren Rahmenbedingungen, an denen man sich orientieren kann und sollte.
Zitierrecht und Zitieren
Untrennbar mit dem Urheberrecht verbunden ist das Zitat- oder Zitierrecht, das eine Einschränkung des Urheberrechts darstellt. Es darf unter bestimmten Bedingungen aus urheberrechtlich geschützten und bereits veröffentlichten Werken zitiert werden, ohne die Erlaubnis des Urhebers einholen zu müssen.
Besonders im wissenschaftlichen Bereich werden Zitate verwendet, die hier nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig sind. Wer hier gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstößt, verletzt nicht nur das Urheberrecht. Da eine wissenschaftliche (Studien)Arbeit als Leistungsnachweis gilt und oft zur Erlangung eines akademischen Abschlusses oder Titels erstellt wird, kann man zusätzlich wegen Täuschung (Betrug) belangt werden.

Welche Zitatarten gibt es?
Langzitat (oder Großzitat), § 51 Nr. 1 UrhG: Wie der Name schon sagt, handelt es sich hierbei um das Zitieren ganzer Textabschnitte, Gedichte, Passagen. Sogar vollständige Werke dürfen übernommen werden. Allerdings ist das Langzitat ausschließlich in wissenschaftlichen Arbeiten erlaubt und es muss eine geistige Auseinandersetzung mit den zitierten Textpassagen stattfinden. Zudem sollte das zitierte Werk nicht nur erschienen (z. B. fakultätsintern bzw. in Spezialbibliotheken), sondern auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sein.
Kurzzitat (oder Kleinzitat) § 51 Nr. 2 UrhG: Hier ist das Zitieren eines anderen Werkes auch in nicht-wissenschaftlichen Texten erlaubt (z. B. in Zeitungsartikeln, Blogbeiträgen, Romanen etc.), aber nur auszugsweise. Das längenmäßige Verhältnis zwischen verwendetem Zitat und dem zitierten Gesamtwerk muss gewahrt bleiben. Aus umfangreichen Veröffentlichungen darf also mehr, aus weniger umfangreichen entsprechend weniger zitiert werden.

Was muss ich beim Zitieren beachten?
Die folgenden grundsätzlichen Regeln gelten für alle Arten des Zitierens.
Das Zitat muss einen Zweck erfüllen. Dies bedeutet, dass man nicht einfach einen Satz übernehmen darf, weil man ihn einfach nur gut findet oder weil er sich so schön als Kapitelüberschrift macht. Ein Zitat muss der Analyse, Untermauerung bzw. Erläuterung der eigenen Ausführungen oder Erkenntnisse dienen. Nur im Einzelfall kann ein Zitat auch aus künstlerischen Aspekten in ein eigenes Werk integriert werden, aber man sollte schon genau wissen, was man tut.
Ein Zitat darf nicht verändert werden (Veränderungsverbot). Das heißt, man sollte möglichst wortwörtlich zitieren. Kürzungen oder auch Übersetzungen sind möglich, aber sie dürfen nicht den Sinn des Originals entstellen.
Die Quelle des Zitats muss angegeben werden. Dies umfasst im Allgemeinen den Namen des Urhebers (Autors), den Titel des Buches oder Beitrages und ggf. den Direktlink, falls aus einer Internetveröffentlichung zitiert wird. Weitere Angaben, wie Verlag, Seitenzahl oder Datum der Veröffentlichung, sind durchaus sinnvoll. Was bedeutet „gemeinfrei“?
Das sind alle Werke, die keinem Urheberrecht unterliegen.
Dazu gehören
amtliche Werke
(Gesetze, Verordnungen, Urteile), die von vornherein keinen oder nur sehr eingeschränkten Urheberrechtsschutz genießen.
Auch ehemals geschützte Werke können gemeinfrei werden. Die
Schutzfrist
endet 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers.
Weitere frei benutzbare Quellen sind wissenschaftliche und historische Daten und Gegebenheiten. Auch Fakten des Allgemeinwissens, wie sie z. B. in einem Konversationslexikon hinterlegt sind, dürfen verwendet werden.
Aber Achtung: Die Art der Darstellung (z. B. Diagramme, Tabellen, Neubearbeitungen, Neuübersetzungen etc.) kann wiederum urheberrechtlich geschützt sein.

Der Komplex der Plagiatsvermeidung und erlaubten Zitate bewegt sich mitunter in einer Grauzone und ist, wie gesagt, nicht ganz klar umrissen. Wer also zitieren möchte, sollte sich über mögliche Konsequenzen im Klaren sein, gut recherchieren, zumindest immer Quellen angeben und sich umfassend informieren.

Wer sich eingehender mit dem Thema beschäftigen möchte, dem kann ich den „Plagiat-Kurs“ der Medieninformatikerin und Plagiatsforscherin
Prof. Dr. Debora Weber-Wulff (Hochschule f. Technik und Wirtschaft HTW Berlin) empfehlen. http://plagiat.htw-berlin.de/ff/startseite/fremde_federn_finden


 Wolma Krefting - bueropia.de 05.12.2012

Kommentare

Das ist doch mal schön zusammengefasst!

Bei den wissenschaftlichen Werken sieht es mit unbedingt wortwörtlich zitieren z.T. etwas anders aus als bei anderen Schriftformen. In manchen Fächern (wie den Naturwissenschaften z.B.) sieht man das überhaupt nicht gerne.

Ihre Anmerkung "Das Zitat muss einen Zweck erfüllen" kann man nur doppelt und dreifach hervorheben!! Leider wird oftmals der Sinn des Zitierens nämlich nicht richtig verstanden.

Feiner Beitrag, danke!
Natascha Miljkovic
Wolma Krefting hat gesagt…
Vielen Dank, Frau Miljkovic, für den freundlichen Kommentar aus berufenem Munde.
Die Welt ist klein, denn auf meinem Recherche-Streifzug durchs Web habe ich auch Ihre Website besucht und einige der dort gefundenen Informationen sind in meinen Blogbeitrag eingeflossen. Insofern freue ich mich ganz besonders über Ihr Feedback, denn wer wüsste besser als Sie, wie komplex und kompliziert das Thema ist und wie schwierig, es kompakt darzustellen.

Herzliche Grüße nach Wien
Wolma Krefting